© All rights reserved. Powered by VLThemes.

Die barrierefreie Ampel

Ein intelligentes Beaconsystem erleichtert seheingeschränkten Menschen die Überquerung von Straßen innerhalb einer Stadt.

Die Intelligente Stadt

Um eine Straße zu überqueren müssen Menschen mit Seheinschränkungen oft eine hohe kognitive Leistung aufbringen. Nicht nur das Finden der anderen Straßenseite gestaltet sich dank Baustellen, Autos oder anderen Hindernissen als Herausforderung: Vor allem der Verkehr und fehlende Barrierefreiheit erschweren den Übergang. 
Abhilfe schaffen hier behindertengerechte Ampeln, deren auditive Signale Menschen mit visuellen Einschränkungen den Weg auf die andere Straßenseite leiten. Auf diese Ampeln wird jedoch vor allem in kleineren Städten zumeist aus monetären Gründen verzichtet.

Eine kostengünstige und zugleich praktikable Lösung stellt das Beaconsystem „Urban“ dar. Es besteht aus zwei Komponenten, die sich gegenseitig ergänzen und eine auditive Ampel nach Bedarf simulieren. Eine der beiden Komponenten sind „Beacons“: Kleine, internetfähige Computer mit Kameras, die an Straßenlaternen montiert werden und somit an das städtische Stromnetz angeschlossen sind. Einmal in Betrieb genommen erkennen die Beacons, ob sich bewegende Fahrzeuge in der Nähe befinden. Da Höhe, Abstände und Lichtstärken von Laternen gesetzlich geregelt werden, kann ein flächendeckender Betrieb, selbst bei Nacht, sicher gestellt werden. Außerdem können nicht nur Fahrzeuge, sondern auch Fahrräder oder eFahrzeuge leicht erkannt werden. Diese erzeugen im Betrieb kaum Geräusche und sind dadurch von seheingeschränkten Personen in der Stadt nur schwer wahrnehmbar. Durch das intelligente Kommunikationsnetz untereinander berechnen die Beacons außerdem, mit welcher Geschwindigkeit sich Fahrzeuge nähern oder entfernen. In Verbindung mit der Straßenbreite kann dann grundsätzlich errechnet werden, ob die Straße frei zur Überquerung ist.
Hier kommt nun die zweite Komponente des Systems zum Tragen: Das Headset liefert zusätzlich Daten zur durchschnittlichen Laufgeschwindigkeit einer Person. Unter Berücksichtigung der Straßenbreite und dem Verkehrsaufkommen kann nun errechnet werden, ob eine Überquerung der Straße sicher möglich ist.

Möchte eine Person nun auf die andere Seite der Straße wechseln, werden die Straßendaten der Beacons durch die Körperbewegung hin zur Straße automatisch abgerufen und in auditive Signale übersetzt. Das mentale Modell barrierefreier Ampeln, deren Geräusch seheingeschränkten Menschen bereits bekannt ist, spielt hier eine große Rolle. Damit der Träger des Headsets möglichst orthogonal über die Straße läuft, ist der Sound der simulierten Ampel binaural. Das Klacken wird demnach auf die andere Straßenseite projiziert, sodass er sich daran orientieren und darauf zulaufen kann.

Eine Machbarkeitsstudie

Zur Veranschaulichung des Konzepts dient ein mehrteiliger Prototyp. Dieser umfasst ein Straßenmodell aus Holz, sowie zwei Europaletten und ein Headset. Stellvertretend für ein Beacon erkennt eine kleine, eingebaute Kamera im Holzmodell ein Spielzeugauto, dass per Hand über die Straße bewegt werden kann. Die Paletten ersetzen zwei gegenüberliegende Straßenseiten – auf einer der beiden Paletten, der „Ziel-Straßenseite“, ist eine Lichtschranke montiert. Das Headset simuliert via binauralem Sound die barrierefreie Ampel.

Zu Beginn stellt sich eine Person stellt auf die Start-Europalette, setzt das Headset auf und schließt die Augen. Schiebt man nun das Auto auf dem Holzmodell vor die Kamera, hört die Person auf der Europalette das Signal zum Stehenbleiben über seine Kopfhörer. Schiebt man das Auto im Modell weiter, sodass die Kamera dieses nicht mehr erkennt, erhält der Proband das auditive Signal, dass die Straße frei ist. Erreicht er die andere Straßenseite, so wird das von der Lichtschranke erkannt. Ein Stopp-Ton gibt ihm dann auditives Feedback. In der Realität würde der Beacon erkennen, ob eine Person auf der anderen Straßenseite angekommen ist.

Das Projekt nahm 2017 am Imagine-Cup von Microsoft in Karlsruhe teil. Im nationalen Endausscheid belegte es den 4. Platz. Im selben Jahr wurde es außerdem mit dem 1. Platz bei der ThingsCon in Amsterdam ausgezeichnet und im Folgejahr im Rahmen der TED@Merck Veranstaltung 2018 ausgestellt.

Top